GRÜNE fordern ökologische Forst und Jagd
Der Bundestagskandidat Helge Limburg und der Kreisverband der GRÜNEN, vertreten durch die Lauensteinerin Britta Kellermann, luden zu einem Vortrag mit anschließender Ithwanderung in das Naturfreundehaus Lauenstein.
Einführend hob Limburg den Wert des Waldes als Kohlenstoffspeicher hervor und problematisierte die abnehmende Aufnahmefähigkeit des Waldes: „Während der Wald 1990 noch 80 Millionen Tonnen CO2-Aquivalente aufnehmen konnte, waren es 2008 nur noch 18 Millionen Tonnen! Das ist auf eine zunehmende Umnutzung des Waldes zu Äckern, Weiden und Grünflächen und insbesondere auch auf die Zunahme von Monokulturen mit Fichten und Kiefern zurückzuführen“, so Limburg.
Bereits 1991 habe die damalige rot-grüne Landesregierung versucht, dieser Entwicklung mit der Einführung des Regierungsprogramms LÖWE, was für Langfristige Ökologische Wald-Entwicklung stehe, zu begegnen. Hier werde die forstwirtschaftliche Nutzung an ökologische Kriterien gebunden. Dies gelte aber nur für die Landesforsten, nicht jedoch für Privatwälder, die einen Großteil der niedersächsischen Wälder ausmachten.
Limburg hob hervor: „Erneut unter rot-grün wurde 2017 LÖWE plus vereinbart und in diesem Zuge unter dem GRÜNEN Minister Meyer, 10% des niedersächsischen Landeswaldes aus der fortwirtschaftlichen Nutzung herausgenommen. Dieser Wald ist heute Naturwald und kann sich entsprechend der natürlichen Dynamik des Waldes entwickeln.“
Damit leitete Limburg über zum ehrenamtlichen Hauptreferenten, dem Biologen Jens Halves, der anhand der Erfahrungen aus dem Konzept im Nationalpark Harz über die natürliche Dynamik des Ökosystems Wald berichtete. Er erläuterte die Ökosystemdienstleistungen des Waldes für die Artenvielfalt, den Kohlenstoffhaushalt der Erde, die Grundwasserbildung aber auch die Nutzung durch den Menschen, den Tourismus, sowie Gesundheit und Erholung. Viele Anforderungen, die der Mensch an den Wald stellte, die sich zum Teil auch widersprächen.
In seinem Vortrag betonte Halves die natürliche Regenerationsfähigkeit des Waldes, die im Nationalpark Harz anhand von Bildreihen eindrücklich dokumentiert wurde. So zeigte er Bilder aus den 1990er Jahren über den Beginn des Nationalparks Harz 2006 bis heute, wo auf den Flächen des Nationalparks wieder standortgetreuer Wald unterschiedlicher Altersstufen anzutreffen sei. Er erläuterte auch, dass der Nationalpark nur 10% der Gesamtfläche des Harzes einnehme und sich damit vom umgebenden Wirtschaftswald unterscheide. Wie schnell die natürliche Waldentwicklung vonstattengeht, lasse sich in verschiedenen Stadien im Nationalpark gut beobachten. Auf lichtliebende, krautige Pflanzen folgten hier Birken und Ebereschen bevor sich je nach Höhenlage Buchen oder Fichten durchsetzten. In diesen Bereichen lasse sich klar erkennen, dass der vorübergehend scheinbar „tote“ Wald nur ein kurzer Zwischenschritt in der Waldentwicklung hin zur natürlichen Waldwildnis sei.
„Das Motto des Nationalparks Harz lautet `Natur Natur sein lassen´“, so Halves. Und zog damit auch Parallelen zum Nationalpark Bayerischer Wald, der bereits 1970 gegründet wurde. Der damalige erste Leiter des Nationalparks Bayerischer Wald, Dr. Hans Bibelriether hatte gegen breiten Widerstand aus Politik und Bevölkerung das Prinzip des natürlichen Werdens und Vergehens des Waldes eingeführt und damit auch durchgesetzt, dass tote oder vom Borkenkäfer befallene Bäume im natürlichen Umfeld verbleiben. Heute ist der bayerische Wald einer der artenreichsten Wälder Europas.
Bevor die Gruppe sich zur rund dreistündigen Wanderung aufmachte, resümierte Kellermann, „dass die Wanderung deshalb durch den Ith führt, weil wir hier viele Positivbeispiele für ökologisch orientierte Forstwirtschaft finden, wie sie das LÖWE-Programm vorgibt. Gleichzeitig möchten wir mit der Wanderung auch auf die Schutzwürdigkeit des Iths aufmerksam machen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass das Flora-Fauna-Habitat-Gebiet Ith nicht nur geschützt bleibt, sondern sich auch weiter entwickeln kann.“
An Haltepunkten der angeschlossenen Wanderung ging Catonka Friedrichs, die selbst für den Gemeinderat Coppenbrügge kandidiert, dann eingehender auf die Vereinbarkeit natürlicher Walddynamik mit der Forstwirtschaft ein. So wurden zum Beispiel die Bedeutung des Erhalts von stehendem Totholz für den Wald, sowie die Bodenverdichtung durch das Befahren mit schweren Maschinen im Bereich von Rückegassen thematisiert. Eingegangen wurde auch auf die Notwendigkeit der Festlegung jährlicher Wildabschussquoten anhand von Verbissgutachten.
Kai Kunze, Waldpädagoge, BUND-Vorsitzender und selbst Jäger forderte: „Bislang sind die Wildabschussquoten auf Nachhaltigkeit ausgerichtet, also darauf, dass der Wildbestand möglichst konstant bleibt. Eine ökologische Ausrichtung der Jagd würde bedeuten, dass die Abschussquoten regional, anhand des Wildverbisses im nachwachsenden Wald festgelegt werden. Es ist aus unserer Sicht außerdem extrem sinnvoll, wenn ein Großteil der Strecke durch revierübergreifende Bewegungsjagden erreicht wird, da dies die Möglichkeit eröffnet dem Wild in der restlichen Zeit mehr Ruhe zu gewähren. Diesen Paradigmenwechsel fordern wir als BUND ebenso wie die meisten anderen Umweltverbände.“
Den Schlusspunkt der Wanderung bildete ein Blick in den Steinbruch bei Bisperode. Mit seiner extremen Steilwand soll er, zumindest nach dem Willen der Hannoverschen Basaltwerke, zu einer DK1-Deponie werden. Das hingegen sehen die GRÜNEN ganz anders, wie Kellermann erläuterte: „Nach all den nicht eingehaltenen Versprechen des Betreibers in den vergangenen Jahrzehnten, was die Tiefe der Sole oder die Erhaltung von Sichtbermen angeht, haben wir das Vertrauen in die Hannoverschen Basaltwerke vollständig verloren. Wir können uns nicht vorstellen, dass dieser Betreiber verantwortungsvoll mit einer Schadstoffdeponie an so einem Standort umgehen kann und sehen unser Trinkwasser gefährdet. Leider müssen wir davon ausgehen, dass wir die Schadstoffdeponie am Ende nur auf dem Rechtsweg aufhalten können.“
Kellermann lud deshalb alle Teilnehmer*innen ein, Mitglied des Rechtshilfefonds depoNIE! Ith e.V. zu werden, den sie zusammen mit einigen Mitstreiter*innen aus der Bürger*innen-Initiative gegründet hat und dessen Vorsitzende sie ist.
Am Wanderparkplatz wurde die Gruppe dann vom Salzhemmendorfer Bürgerbus abgeholt. Den gemütlichen Ausklang fand die Veranstaltung schließlich bei einer Suppe im Naturfreundehaus.