Die Gebührensatzung für den Besuch von Kindertageseinrichtungen (= Kita und Hort) in Hameln soll geändert werden. Neuregelungen auf Landesebene legen dies nah, und wenn man schon mal dabei ist, kann die Satzung direkt vereinfacht werden. So wurde wohl in der Verwaltung der Stadt Hameln gedacht beim Erarbeiten der Vorlage 207/2018.
Die Neufassung der Gebührensatzung bleibt komplex. Die bisherige Satzung regelte die Geschwisterermäßigung nach der Reihenfolge des Betreuungsumfangs, nun soll dies nach Alter der Kinder geschehen. Diese Neuregelung entlastet somit z.B. Familien, deren Kinder einen großen Altersabstand haben und wo gleichzeitig Hort (mit wenige Betreuungsstunden) und Krippe (mit mehr Betreuungsstunden) besucht werden.
Neu aufgenommen werden soll aber auch der Passus: „Besuchen Geschwisterkinder zeitgleich gebührenpflichtig Tageseinrichtungen in der Stadt Hameln (…)“ Diese Veränderung zur bisherigen Formulierung: „Besuchen Geschwister Tageseinrichtungen in der Stadt Hameln“, benachteiligt Familien mit mehreren Kindern gegenüber Familien mit nur einem Kind (in Tageseinrichtungen). Eine Geschwisterermäßigung ist künftig so nicht vorgesehen, wenn ein Geschwisterkind durch die Abschaffung der Elterngebühren im Elementarbereich ‚nicht gebührenpflichtig‘ eine Kita besucht. Um diese Regelung bildlicher zu machen, hier ein Beispiel:
• Das 4jährige Kind einer Familie besucht eine Kindertageseinrichtung in Hameln. Bis zu den Sommerferien zahlten die Eltern 176,- € monatlich für den Ganztagsplatz. Durch den Wegfall der Elterngebühren sparen sie seit den Sommerferien 176,- €/ Monat. Die geplante Neufassung der Gebührensatzung würde für diese Familie nichts verändern.
• Eine andere Familie hat ein 4jähriges Kind und dazu ein 2jähriges Geschwisterkind. Bis zu den Sommerferien zahlte die Familie 176,- € (für das 4jährige Kind) + 117,33 € (für das 2jährige Kind mit 1/3 Ermäßigung durch Geschwisterkindregelung) = 293,33 € monatlich für zwei Ganztagsplätze. Das geplante „Ausblenden“ gebührenbefreiter Geschwisterkinder durch die neue Satzung würde dazu führen, dass diese Familie künftig für das 2jährige Kind 176,- € zahlen würden. Sie sparen durch den Wegfall der Elterngebühren also nur 117,33 € und erfahren so deutlich weniger Entlastung.
In einem Land, in dem das Armutsrisiko einer Familie mit jedem Kind steigt, sollte Geschwisterermäßigung großzügig gedacht werden. Wir fordern daher, die Geschwisterermäßigung insgesamt zu erhöhen und so Familien mit mehreren Kindern stärker zu entlasten.
Vor diesem Hintergrund bereiteten die Hamelner GRÜNEN einen Änderungsantrag für die Ratssitzung am 26.09.2018 vor. Aufmerksam gemacht auf die Folgen der Satzungsänderung fiel auch anderen auf, dass dieses Thema nicht „einfach mal so“ beschlossen werden kann, sondern einer intensiven Diskussion bedarf. Daher wurde das Thema von der Tagesordnung genommen und wird nun zunächst noch einmal im Fachausschuss behandelt. Hier unser Antragstext:
Der letzte Satz der Begründung wird gestrichen:
„Bei der Geschwisterermäßigung ist zu beachten, dass gebührenbefreite Kinder (z. B. bei einer Gebührenbefreiung gem. § 21 KitaG) nicht hinzugezählt werden.“
Die als Anlage beigefügte 3. Änderung der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung der Tageseinrichtungen für Kinder der Stadt Hameln wird in § 3 „Gebührenbefreiungen und -ermäßigungen“ wie folgt geändert:
„Besuchen Geschwisterkinder zeitgleich gebührenpflichtig Tageseinrichtungen in der Stadt Hameln, verringert sich die Gebühr für das zweite Kind um ein Drittel die Hälfte und entfällt ab dem dritten Kind um zwei Drittel vollständig. Die Reihenfolge der Ermäßigung richtet sich nach dem Lebensalter der Kinder. Dabei ist das älteste Kind das erste Kind.“
Begründung:
Die auf Landesebene beschlossene Gebührenbefreiung für den Besuch von Kindertageseinrichtungen für Kinder von Vollendung des 3. Lebensjahres bis zur Einschulung soll Familien entlasten, mehr Kindern den Besuch einer entsprechenden Einrichtung ermöglichen und den Eltern die Vereinbarkeit von Familie und Berufstätigkeit erleichtern.
Das Armutsrisiko in Deutschland steigt mit jedem Kind. Daher sollte die Stadt Hameln insbesondere Familien mit mehreren Kindern entlasten, indem sie die Ermäßigungssätze für Geschwisterkinder anpasst und weiterhin gebührenbefreite Kinder für die Ermittlung der Geschwisterermäßigung mitzählt.
Das nutzt allen, weil die Eltern so Beruf und Familie noch besser vereinbaren können und die Kinder eine Betreuung erhalten, die ihnen gute und gerechte Entwicklungschancen garantiert.
Anett Dreisvogt, stellvertretende Fraktionsvorsitzende, sagt dazu: „Natürlich kritisieren wir hier die Verwaltung der Stadt Hameln dafür, dass sie Familien mit mehr Kindern weniger entlasten wollen als Familien mit nur einem Kind. Für uns Grüne ist die Verwaltung an dieser Stelle aber eigentlich der falsche Ansprechpartner. Der tatsächliche Ansprechpartner ist die Schwarz-Rote Landesregierung, die ein wenig ausgereiftes Kita Gesetz verabschiedet hat, welches unter anderem die Abschaffung der Elternbeiträge regelt.
Wenn durch die wegfallenden Elternbeiträge die Kosten für die Kommunen aus dem Ruder laufen, wird natürlich geschaut, wo man an anderer Stelle einsparen kann. Und da kommen wir wieder zu den Angeboten und zu der Qualität im Bereich der Kinderbetreuung.
Wir als Grüne haben von Anfang an auf Landesebene zu bedenken gegeben, dass Qualität Vorrang haben muss. Ja, Frühkindliche Bildung muss auch kostenfrei sein, aber zu welchem Preis?
Es muss doch allen Beteiligten klar sein, dass, wenn ausschließlich Geld für die Beitragsfreiheit zur Verfügung gestellt wird, Angebote und Qualität in der Kinderbetreuung hinten runter fallen. Die finanziellen Mittel reichen erschreckenderweise an vielen Stellen nicht aus: Wie Zeitungsberichte eindrucksvoll darstellen, stehen nicht nur die Kommunen dieser Aufgabe beinahe ratlos gegenüber, es mussten bereits freie Träger Insolvenz anmelden!
Natürlich heiße ich solche Angebots- und Qualitäts-einschränkenden Vorlagen aus der Verwaltung, wie nun die vorliegende, nicht gut. Aber ich sehe diese Vorlagen als Reaktion auf die unzureichende finanzielle Unterstützung von der Landesregierung.“